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Hauptfrachtführer, Unterfrachtführer – und die Abtretung von Schadensersatzansprüchen

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Die Vorschrift des § 213 BGB ist auf den Anspruch auf Abtretung von Schadensersatzansprüchen des Hauptfrachtführers gegen den Unterfrachtführer anwendbar, wenn ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Hauptfrachtführer geltend gemacht worden ist.

Anspruch auf Abtretung des Schadensersatzanspruchs gegen Unterfrachtführer[↑]

Der Auftraggeber ist berechtigt; vom Hauptfrachtführer die Abtretung etwaiger Schadenersatzansprüche gegen den Unterfrachtführer zu verlangen.

Die Hauptfrachtführerin ist verpflichtet, einen ihr gegen die Unterfrachtführerin zustehenden Schadensersatzanspruch gemäß §§ 667, 675 BGB, die vorliegend anwendbar sind, an den tatsächlichen Geschädigten abzutreten. Nach § 667 BGB ist der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Dazu rechnet auch ein Schadensersatzanspruch, den der Beauftragte gegen einen Unterbeauftragten erlangt hat.

CMR und die Drittschadensliquidation[↑]

Vorliegend sind auf den in Auftrag gegebenen Transport die Bestimmungen der CMR anwendbar. Die Grundsätze der Drittschadensliquidation können im Geltungsbereich der CMR ebenfalls zur Anwendung kommen.

Nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation ist die Hauptfrachtführerin als (Haupt)Frachtführerin im Verhältnis zu der Unterfrachtführerin als der von ihr beauftragten Unterfrachtführerin zur Geltendmachung der Schäden aus dem Verlust oder der Beschädigung des Transportgutes legitimiert, die der Versicherungsnehmerin als Vertragspartner der Hauptfrachtführerin erwachsen sind.

Gegen die Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation spricht kein überwiegendes Schutzbedürfnis des ausführenden Unterfrachtführers. Er hat es in der Hand, ob er sich gegenüber seinem Vertragspartner auf eine höhere Haftung einlässt, als es sein Vertragspartner gegenüber dem Geschädigten getan hat. Nur in diesem Fall kann ein Anspruch auf Drittschadensliquidation bestehen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Fälle der Drittschadensliquidation im Transportrecht denkbar sind, da er diese in der Begründung des Transportrechtsreformgesetzes ausdrücklich erwähnt hat. Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen der Geschädigte nicht seinen gesamten tatsächlich entstandenen Schaden vom ausführenden Frachtführer verlangen kann, sondern diesen nur in dem Umfang geltend machen kann, den er mit seinem Vertragspartner, dem Hauptfrachtführer, vereinbart hat. Beim Geschädigten bleibt infolgedessen der darüber hinausgehende Schaden bestehen. Sofern der Hauptfrachtführer einen weitergehenden Anspruch hinsichtlich dieses Restschadens gegen den von ihm beauftragten ausführenden Unterfrachtführer hat, ist er im Wege der Drittschadensliquidation nicht nur berechtigt, sondern nach dem von ihm mit dem Absender geschlossenen Vertrag gemäß § 667 BGB verpflichtet, den überschießenden Differenzbetrag vom ausführenden Frachtführer zu verlangen.

Abs. 1 CMR steht der Durchsetzung eines Anspruchs der Auftrageberin gegen die Hauptfrachtführerin aus Drittschadensliquidation nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer gegenüber außervertraglichen Ansprüchen wegen Beschädigung der Fracht, die nach dem anzuwendenden Recht bestehen, auf die Haftungsbeschränkung nach Art. 23 Abs. 3 CMR berufen. Die Ansprüche gegen den Unterfrachtführer, deren Abtretung die Auftrageberin von der Hauptfrachtführerin begehrt, sind indes vertraglicher Natur. Sie unterfallen als vertragliche Ansprüche nicht dem Anwendungsbereich des Art. 28 Abs. 1 CMR. Zudem wird die beschränkte Haftung des Frachtführers nicht dadurch erweitert, dass er verpflichtet ist, ihm gegen die Hilfsperson zustehende Ansprüche abzutreten. Dementsprechend wird ganz überwiegend davon ausgegangen, dass auch Art. 28 Abs. 2 CMR einer Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation nicht entgegensteht.

Anspruch auf Abtretung[↑]

Die Autraggeberin könnte eine Abtretung der vertraglichen Ansprüche, die der Hauptfrachtführerin gegen die Unterfrachtführerin zustehen, allerdings nicht verlangen, wenn solche Ansprüche von vornherein nicht in Betracht kämen. So liegt es im Streitfall aber nicht.

Wie sich aus dem Ladeauftrag ergibt, auf den das Berufungsgericht verwiesen hat, hat die Hauptfrachtführerin die Unterfrachtführerin ausdrücklich dazu verpflichtet, nur bewachte Parkplätze anzufahren. Art. 41 Abs. 1 Satz 1 CMR steht der Wirksamkeit dieser Verpflichtung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist unbeschadet der Bestimmung des Art. 40 CMR jede Vereinbarung nichtig, die unmittelbar oder mittelbar von den Regelungen des Übereinkommens abweicht. Diese Vorschrift beschränkt die Vertragsfreiheit lediglich, soweit das Übereinkommen selbst Regelungen enthält. Das ist nicht der Fall hinsichtlich im Einzelfall vertraglich übernommener Sicherheitsanforderungen wie der Pflicht, nur bewachte Parkplätze aufzusuchen. Damit erscheint eine gegenüber der Hauptfrachtführerin weitergehende Haftung der Unterfrachtführerin, die Grundlage für eine Drittschadensliquidation sein könnte, jedenfalls möglich. Ob tatsächlich ein Anspruch aus Drittschadensliquidation besteht, braucht im vorliegenden Verfahren nicht geklärt zu werden.

Abtretungspflicht nicht für bereits erfüllte Schadensersatzansprüche[↑]

Die Hauptfrachtführerin ist zur Abtretung ihrer Schadenersatzansprüche aus dem Unterfrachtvertrag mit der Unterfrachtführerin allerdings nicht verpflichtet, soweit sie an die Auftrageberin bereits Schadensersatz geleistet hat. Insoweit steht ihr ein gegen die Unterfrachtführerin bestehender Schadensersatzanspruch endgültig zu. Aus der Auslegung des Hilfsantrags der Auftrageberin folgt jedoch, dass sie die Abtretung des Schadensersatzanspruchs nur wegen eines die Ersatzleistung der Hauptfrachtführerin von 14.966, 45 € zuzüglich Zinsen übersteigenden Schadensersatzanspruchs begehrt. Das hat die Auftrageberin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof nochmals klargestellt.

Verjährung nach der CMR und Verjährungshemmung[↑]

Auch die Verjährung eines Abtretungsanspruch, die nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR erfolgt, kann nach § 213 BGB gehemmt sein. Danach gilt die Hemmung der Verjährung auch für Ansprüche, die aus demselben Grund wahlweise neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind.

Voraussetzung für die Anwendung von § 213 BGB ist, dass es sich um einen anderen Anspruch gegen denselben Schuldner handelt, dass der Anspruch auf demselben Grund beruht und dass es sich um einen Fall handelt, in dem das Gesetz von vornherein dem Gläubiger mehrere Ansprüche zur Wahl stellt oder es ihm ermöglicht, in Verfolgung des gleichen wirtschaftlichen Interesses von einem zum anderen Anspruch überzugehen.

Diese Voraussetzungen sind im hier entschiedenen Streitfall erfüllt:

Der Anspruch auf Schadensersatz gegen die Hauptfrachtführerin und der Anspruch auf Abtretung der Schadensersatzansprüche, die der Hauptfrachtführerin gegenüber der Unterfrachtführerin zustehen, beruhen auf demselben Grund. Das ist der Verlust der Fernseher während der Ausführung des zwischen der Versicherungsnehmerin und der Hauptfrachtführerin abgeschlossenen Frachtvertrags.

Der Anspruch auf Abtretung der Schadensersatzansprüche der Hauptfrachtführerin gegen die Unterfrachtführerin tritt auch anstelle des ebenfalls gegen die Hauptfrachtführerin gerichteten, an die Auftrageberin abgetretenen Anspruchs der Versicherungsnehmerin auf Zahlung von Schadensersatz. Das erforderliche Konkurrenzverhältnis elektive (wahlweise) oder alternative Konkurrenz ist im Streitfall erfüllt. Die Ansprüche sind auf dasselbe Interesse gerichtet. Das ist der Ausgleich des Schadens, der der Auftrageberin durch den Verlust des Transportguts entstanden ist. Diesem Ergebnis steht nicht der Umstand entgegen, dass die Auftrageberin den Anspruch auf Abtretung mit der Anschlussberufung verfolgen muss. Die Frage der prozessualen Klageerweiterung und der Hemmung der Verjährung beantworten sich nicht nach denselben Maßstäben. Der Anwendungsbereich des § 213 BGB ist weiter als der prozessuale Anspruch im Sinne des Prozessrechts.

Beide Ansprüche sind auf vollständigen Ersatz des durch den Diebstahl der Fernseher entstandenen Schadens gerichtet. Die Auftrageberin kann den Ersatz des Schadens aber nur einmal verlangen. Soweit die Auftrageberin Schadensersatz von der Hauptfrachtführerin erhält, kommt kein Anspruch auf Abtretung der Schadensersatzansprüche in Betracht, die die Hauptfrachtführerin gegen die Unterfrachtführerin hat, weil diese Ansprüche dann auch im Verhältnis der Parteien nur der Hauptfrachtführerin zustehen. Soweit die Auftrageberin aber keinen Schadensersatz von der Hauptfrachtführerin erhält, kann sie stattdessen einen entsprechenden Abtretungsanspruch gegen die Hauptfrachtführerin geltend machen.

Liegen im Streitfall die Voraussetzungen des § 213 BGB vor, ist der Anspruch auf Abtretung des Schadensersatzanspruchs der Hauptfrachtführerin gegen die Unterfrachtführerin nicht verjährt.

Die Verjährung richtet sich nach Art. 32 Abs. 1 CMR. Die Vorschrift erfasst auch vertragliche Ansprüche. Die Verjährungsfrist beträgt nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR ein Jahr. Sie beginnt nach näherer Maßgabe des Art. 32 Abs. 1 Satz 3 CMR. Auf den genauen Beginn der Verjährung kommt es im Streitfall nicht an. Die Hauptfrachtführerin hat das Gut am 9.02.2011 übernommen. Der Lauf der Verjährungsfrist von einem Jahr ist durch die Klageerhebung am 17.08.2011 gehemmt worden (Art. 32 Abs. 3 Satz 1 CMR, § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 213 BGB).

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Januar 2015 – I ZR 127/13


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